OptiMedium April 2023

EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

egal ob in unserem Büro in der Hamburger Innenstadt, bei unseren regionalen Managementgesellschaften in Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen oder während gemeinsamer Termine bei Partnern, Politiker:innen oder auf Kongressen – wenn ich sehe, wie sich unser interdisziplinäres Team unermüdlich dafür einsetzt, die Gesundheitsversorgung besser zu machen, bin ich mehr als stolz darauf, was wir in den vergangenen Jahren geschaffen haben.  Es sind 20 Jahre, die OptiMedis in diesem Jahr feiert – ein Jubiläum, das für uns unter dem Motto Gesundheit weiterdenken steht. „Weiter“ – damit meinen wir nicht nur „weiter in die Zukunft“, sondern auch „über den klassischen Rahmen hinaus“.

Deswegen wollen wir in unserem Jubiläumsjahr auch nicht einfach zurückschauen (eine kleine Chronik zu unseren Meilensteinen wird es dennoch geben), sondern vor allem nach vorne blicken. Wir wollen zeigen, wie wir in unserer täglichen Arbeit Dinge erforschen, sie anders machen und ihren Erfolg erproben – immer mit dem Gedanken, patientenorientierte und nachhaltige Konzepte für die Gesundheitsversorgung zu entwickeln, von denen alle Beteiligten profitieren. Über das gesamte Jahr werden wir Ihnen immer wieder Einblicke in unsere Arbeit geben, konkret zeigen, wo und wie sie ankommt, und wie sowohl die Patient:innen als auch die Akteure im Gesundheitswesen davon profitieren.

Anreize für mehr Gesundheit

Was uns immer schon angetrieben hat, ist die Idee, einen „Schaden“ gar nicht erst entstehen zu lassen. Das heißt: Durch kluge Prävention, Gesundheitsförderung und optimales Versorgungs- und Gesundheitsmanagement sorgen wir dafür, dass Krankheiten sich gar nicht erst entwickeln oder so lange wie möglich hinausgezögert werden. Dafür ist es elementar wichtig, die Anreize im Gesundheitswesen so zu verändern, dass das Erhalten von Gesundheit belohnt wird. Wie das geht? Lesen Sie mehr dazu auf unserer Jubiläumsseite!

Von der Forschung in die Realität

Die wissenschaftliche Grundlage unserer Arbeit und der Austausch mit Universitäten war uns schon immer besonders wichtig. Als vor acht Jahren dann aber Oliver Gröne – der gerade für seine umfangreichen wissenschaftlichen Leistungen in der Gesundheitssystemforschung den Titel eines außerplanmäßigen Professors verliehen bekommen hat – in den Vorstand von OptiMedis dazukam, bekam unser Forschungsbereich eine neue Dimension. Deshalb ist „Forschung & Innovation“ auch der erste Jubiläums-Schwerpunkt in dieser OptiMedium-Ausgabe. Erfahren Sie, welche nationalen und internationalen Forschungsprojekte das Team um Oliver Gröne steuert und wie die Ergebnisse in der Versorgungsrealität genutzt werden können.

Neue Chancen durch neue Gesetze

Die letzten 20 Jahre waren nicht immer leicht, denn die meisten von Ihnen wissen aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, die verkrusteten Strukturen im Gesundheitswesen aufzubrechen, um neue, bessere Wege zu gehen. Umso gespannter erwarten wir nun den Referentenentwurf für ein neues Gesundheitsverbesserungsgesetz, das die Bedingungen für Gesundheitsregionen und Innovationen wie Gesundheitskioske und ambulant-stationär Integrierte Versorgungszentren hoffentlich erleichtern wird.

Wir freuen uns darauf, auch in Zukunft mit Ihnen gemeinsam „Gesundheit weiterzudenken“ und viel zu bewegen!

Ihr Helmut Hildebrandt

ThemenüberBLICK

FORSCHUNG & INNOVATION

Jubiläums-Interview mit Oliver Gröne: Den größten Patientennutzen im Blick

Oliver Gröne erhält außerplanmäßige Professur der Universität Witten/Herdecke

Fachtagung „Das Ergebnis zählt“: Am 21. November gehts weiter

COMPAR-EU abgeschlossen: Spin-off setzt sich weiter für mehr Selbstmanagement ein

ASCERTAIN: Neues „Horizon Europe“-Forschungsprojekt bringt innovative Gesundheitstechnologien in die Versorgung

SAFEST-Projekt: Wie hängen Patientensicherheit und der Klimawandel zusammen?

Regionale Versorgung

Gesundes Kinzigtal unterstützt Studie zu Long-Covid

Gesunder Werra-Meißner-Kreis: Ernährungs-Kampagne für Grundschulen konzipiert

Der ÖGD muss digital werden: Neue Kommunikationsformen im Fokus

Gesundheitssystem

Abschied von Jürgen Pelikan

Micro Hospitals in den USA als Folge der Zentralisierung auf Großkrankenhäuser: Wird das auch in Deutschland die Folge sein?

Veranstaltungstipps

Jetzt noch schnell anmelden zum MVZ-Webinar am 27. April

SAVE THE DATE: Parkinson-Netzwerkkongress 2023

Termine

Publikationen

Medienberichte

20 Jahre OptiMedis

Forschung & Innovation bei OptiMedis: So bringen wir Wissenschaft zu den Menschen vor Ort

Einen Wandel in Gang bringen, das ist gerade im Gesundheitswesen besonders schwierig. Die Strukturen sind eingefahren und der Widerstand häufig groß. Nur wenn wir den jeweiligen Versorgungskontext grundlegend verstehen und alle Beteiligten einbeziehen, haben wir die Chance, neue Versorgungsformen und innovative Technologien in der Breite umzusetzen.

In unserem Bereich „Forschung & Innovation“ beschäftigen wir uns tagtäglich mit der Frage, wie wir das Gesundheitssystem nachhaltiger, patientenorientierter und wirtschaftlicher machen können. Der Schlüssel für den Erfolg liegt für uns vor allem darin, dass wir die Forschung mit der Organisation und der Versorgung vor Ort zusammenbringen – sowohl über die Arbeit in unseren Gesundheitsregionen, zum Beispiel in Baden-Württemberg, Nordhessen und Thüringen, aber auch mit Verbänden, wie dem von uns geleiteten International Network of Health Promoting Hospitals and Health Services. Der Vorteil: Wir können unsere Erkenntnisse schnell in der Praxis testen und bei Erfolg den Weg in die Regelversorgung bahnen. Gleichzeitig kennen wir die Bedarfe der Gesundheitsakteure vor Ort und können die Erfahrungen aus Projekten wiederum in unsere Forschungsarbeit einbringen (siehe Grafik).

Im Projekt „ADLIFE“ gestalten wir zum Beispiel eine digitale Gesundheitsplattform, die ein persönliches Fallmanagement bei Patient:innen mit fortgeschrittener chronischer Erkrankung ermöglicht. Sie wird im Gesunden Werra-Meißner-Kreis erprobt. Wir ermitteln und vergleichen die effektivsten Interventionen zum Selbstmanagement in Europa über das Projekt „COMPAR-EU“ und unsere Initiative „Self-Management Europe“. Und wir entwickeln für das OECD-Projekt PaRIS Messverfahren zur Bewertung von Versorgungsqualität aus Sicht chronisch kranker Patient:innen.

Mehr Infos zu Unseren Projekten und LEISTUNGen IM BEREICH FORSCHUNG & INNOVATION

Lesen Sie, an welchen EU- und Innovationsfonds-Projekten wir beteiligt sind: www.optimedis.de/forschungsprojekte

Hier finden Sie außerdem unsere Broschüre zum Download.

FORSCHUNG & INNOVATION

 

Jubiläums-Interview mit Oliver Gröne: Den größten Patientennutzen im Blick

OptiMedis steuert und begleitet zahlreiche nationale und internationale Forschungs- und Innovationsfondsprojekte. Prof. Dr. Oliver Gröne, stellv. Vorstandsvorsitzender und verantwortlich für Forschung & Innovation im Unternehmen, erzählt im Interview, warum es ihm wichtig ist, gemeinsam mit Expert:innen aus aller Welt Interventionen für eine bessere Gesundheitsversorgung zu entwickeln. Erfahren Sie, wie die Erkenntnisse in die Praxis übertragen werden können und wo die Schwerpunkte für die Zukunft liegen.

Prof. Dr. Oliver Gröne verantwortet bei OptiMedis den Bereich Forschung & Innovation. Foto: OptiMedis/Bente Stachowske

Oliver, was ist für dich das Besondere an der Versorgungsforschung?

Ich finde es sehr spannend, herauszufinden, welche Innovationen im Gesundheitswesen dem Menschen den größten Nutzen bringen und dabei besonders effizient sind. Denn nur mit neuen Versorgungsformen und innovativen Technologien kann es uns gelingen, das Gesundheitssystem nachhaltiger, patientenorientierter und gleichzeitig wirtschaftlicher zu machen. Im Ausland gibt es dafür viele interessante Ansätze, deswegen arbeite ich gerne auch mit Forschern aus anderen Ländern zusammen.

Wie kommt diese Forschung in die Praxis?

Das ist gerade das Besondere bei OptiMedis. Über die Arbeit in unseren Gesundheitsregionen, zum Beispiel in Baden-Württemberg, Nordhessen und Thüringen, aber auch mit Verbänden, wie dem von uns geleiteten International Network of Health Promoting Hospitals and Health Services, bewegen wir uns an der Schnittstelle von Forschung, Organisation und Versorgung. Wir kennen sowohl die Probleme als auch die Bedarfe der Gesundheitsakteure vor Ort und können so Umsetzungspotenziale leichter finden und Innovationen im Versorgungsalltag zeitnah testen und evaluieren. Der nächste Schritt ist dann, dass wir individuelle Konzepte und Vergütungsmodelle entwickeln, um sie in die Regelversorgung zu bringen.

Kannst du ein Beispiel nennen?

Ein Beispiel ist das von der EU geförderte Forschungs- und Innovationsprojekt ADLIFE. In dem Projekt geht es darum, eine digitale Gesundheitsplattform zu implementieren, die ein persönliches Fallmanagement bei Patient:innen mit fortgeschrittener chronischer Erkrankung ermöglicht. Es wird in sieben verschiedenen Regionen in Europa praktisch umgesetzt und evaluiert. In Deutschland konnten wir das Gesundheitsnetzwerk Gesunder Werra-Meißner-Kreis dafür gewinnen.

Für das Projekt wurden Leitlinien digitalisiert, ein klinisches Entscheidungssystem und ein personalisiertes Fallmanagement entwickelt sowie eine Patient-Empowerment-Plattform aufgebaut, auf die Patient:innen, Pflegende und Leistungserbringer:innen zugreifen können. Bei der Übertragung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Verbesserung der Versorgung chronisch Kranker ergeben sich viele Herausforderungen: Während andere Länder auf einer funktionierenden EPA aufbauen konnten, musste in Deutschland eine Parallelstruktur aufgebaut werden. Außerdem ist es in Deutschland aufgrund der Versorgungsstruktur herausfordernder, Leistungserbringer:innen für die Umsetzung zu finden, als in anderen Ländern. Dennoch haben wir diese Schwierigkeiten überwinden können. Für die Evaluation können wir auf eine Vielzahl von Daten zugreifen, unter anderem Routinedaten der Krankenkassen, PREMs und PROMs und Prozessindikatoren. Aus einem solch komplexen Projekt, was im realen Versorgungsbetrieb implementiert wird, ergeben sich ganz andere Lernerfahrungen als aus einer klinischen Studie unter Idealbedingungen.

Welchen Mehrwert bietet die internationale Zusammenarbeit?

Die internationale Zusammenarbeit hat viele Vorteile. Man lernt einiges über die doch sehr unterschiedlichen Gesundheitssysteme anderer Länder und wird motiviert, auch in Deutschland Innovationen voranzutreiben – trotz möglicher Widerstände.

Ein gutes Beispiel ist das Thema Ergebnisorientierung und die Frage „Wie messen wir Versorgungsqualität?“. Im Ausland gibt es dafür interessante Ansätze, etwa das NHS Outcomes Framework, das neben sehr klaren Qualitätsindikatoren auch Ziele für die Ergebnisqualität vorgibt. Im internationalen Kontext stoßen wir häufiger auf Quality- und Outcome-Frameworks, die nicht nur klinische, sondern Patient-Reported-Outcomes beinhalten. Sie ermöglichen es, gesundheitliche Versorgungsleistungen sehr viel stärker am individuellen Nutzen und den Bedürfnissen von Patient:innen auszurichten. Solche Beispiele treiben mich als Forscher an und machen Hoffnung, dass wir mit unserer Arbeit etwas bewirken können. Deshalb engagieren wir uns auch gemeinsam mit der B. Braun-Stiftung für eine ergebnisorientierte Versorgung. Unter anderem haben wir eine Veranstaltungsreihe zu dem Thema, die im November fortgesetzt wird.

Welche Schwerpunkte sind dir in der Forschung besonders wichtig?

Gemeinsam mit meinem Team arbeite ich beispielsweise intensiv im Bereich Health Data Analytics. Wir analysieren Routinedaten der Krankenkassen und andere Gesundheitsdaten, damit wir bessere Erkenntnisse über die Versorgung gewinnen. Ein anderer Schwerpunkt ist die patientenzentrierte Versorgung. Hier geht es darum – ich hatte es weiter oben schon angedeutet –, die Bedürfnisse, Erfahrungen und Behandlungsergebnisse aus Sicht der Patient:innen zu erfassen und darauf aufbauend die Versorgung zu verbessern. Außerdem liegt unser Fokus auch noch auf der Implementierungsforschung zu digitalen Innovationen, denn da gibt es in Deutschland noch viel Nachholbedarf. Als Querschnittsthema hat sich in den letzten zwei Jahren zusätzlich der Klimaschutz in der Gesundheitsversorgung entwickelt.

Das Thema Klimaschutz wird aktuell viel diskutiert. Welche Potenziale siehst du da?

Die Potenziale für Verbesserungen sind auf jeden Fall groß, denn in Deutschland entfallen 6,7 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen auf den Gesundheitssektor. Wichtig ist, dass wir neue und weniger kohlenstoffintensive Versorgungsmodelle implementieren. Krankenhäuser müssen in diesem Kontext zum Beispiel das Ambulantisierungspotenzial von Eingriffen beachten, aber auch Strategien zu Transport (Anfahrten, Transfers, Parkplätze) und Ernährung (Gesundheitsförderung, Planetary health diet) entwickeln. Hierzu haben wir, basierend auf Evidenz, vielfältige Vorschläge in den 2020 Standards for Health Promoting Hospitals and Health Services publiziert, deren Umsetzungsgrad wir im EU-Forschungsprojekt SAFEST mit rund 100 Krankenhäusern international evaluieren werden.

Die Integrierte Versorgung, wie wir sie umsetzen, bietet weitere Chancen für den Klimaschutz. Denn auch bei unseren Versorgungmodellen geht es ja unter anderem darum, unnötige und für Patienten belastende Behandlungen zu reduzieren. Wir entwickeln aktuell zum Beispiel Methoden, um den Co2-Impact von Versorgungspfaden zu messen und so in der Folge zu einer Reduzierung beizutragen. Diese Berechnungsmethoden verankern wir auch in HTA-Prozessen, wie z. B. im Forschungsprojekt ASCERTAIN.

Wo geht die Forschung in Zukunft hin?

Die Bedeutung von Daten in der Forschung und im Gesundheitswesen insgesamt wird in Zukunft noch weiter zunehmen. Durch die fortschreitende Digitalisierung und die Nutzung von Künstlicher Intelligenz werden wir in der Lage sein, schneller bessere Erkenntnisse zu gewinnen und die Versorgung weiter zu verbessern. Dabei müssen wir aber auch immer darauf achten, dass der Schutz der Daten und die Einhaltung ethischer Standards gewährleistet sind. Denn eines ist klar: konkrete Verbesserungsprozesse erfordern die Unterstützung der Leistungserbringer vor Ort. Sie dürfen nicht zur weiteren Arbeitsverdichtung führen, sondern müssen die Arbeit von Ärzten, Pflegern, Apothekern und den vielen anderen Beteiligten erleichtern.

Oliver Gröne erhält außerplanmäßige Professur der Universität Witten/Herdecke

Die Universität Witten/Herdecke hat unserem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, Dr. Oliver Gröne (PhD, MSc), den Titel eines außerplanmäßigen Professors (apl. Prof.) an der Fakultät für Wirtschaft und Gesellschaft verliehen. Der Soziologe und promovierte Gesundheitswissenschaftler erhält die Auszeichnung in Anerkennung seiner umfangreichen wissenschaftlichen Leistungen in der Gesundheitssystemforschung. Der Fokus seiner Arbeit liegt auf den komplexen Zusammenhängen von Strukturen, Prozessen und Ergebnissen der Gesundheitsversorgung, die er in vielen internationalen Förderprojekten erforscht und in über 100 wissenschaftlichen Publikationen herausgegeben hat.

In seinen wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt sich Oliver Gröne insbesondere mit der Erforschung und Verbesserung des Gesundheitssystems in Deutschland und Europa. Foto: OptiMedis/Bente Stachowske

„Oliver Gröne verbindet ausgewiesene Forschungsstärke mit innovativen Ansätzen zur unternehmerischen Gestaltung der Zukunft. Seine soziologische Perspektive und Branchenexpertise ergänzen die Ausrichtung der Fakultät sehr gut“, so Prof. Dr. Sabine Bohnet-Joschko, Inhaberin des Lehrstuhls für Management und Innovation im Gesundheitswesen. Dekan Prof. Dr. Dirk Sauerland ergänzt: „Die Fakultät für Wirtschaft und Gesellschaft hat sich die Forschung zu komplexen Herausforderungen unserer Zeit auf die Fahnen geschrieben. Dazu gehört auch die Frage der nachhaltigen Gestaltung unseres Gesundheitssystems – in all seinen Facetten. Wir freuen uns über die Verstärkung durch Oliver Gröne in Forschung und Lehre.“ 

 

Einsatz für ein nachhaltiges Gesundheitswesen

Gröne erklärt zu seiner Berufung, was ihn als Forscher antreibt: „Ich möchte dazu beitragen, herauszufinden, welche Innovationen im Gesundheitswesen den Menschen den größten Nutzen bringen. Denn nur mit neuen Versorgungsformen und innovativen Technologien kann es uns gelingen, das Gesundheitssystem nachhaltiger, patientenorientierter und gleichzeitig wirtschaftlicher zu machen. Der Klimaschutz muss dabei eine Querschnittsaufgabe aller Akteure werden.“

Seit über 15 Jahren ist Gröne in der Versorgungsforschung aktiv. Von 2011 bis 2015 entwickelte er als Associate Professor für Versorgungsforschung an der „London School of Hygiene and Tropical Medicine“ Methoden, um die Versorgungsqualität zu bewerten und zu verbessern. Außerdem war er viele Jahre für die Weltgesundheitsorganisation (Regional Office for Europe) tätig, zuletzt als Leiter des Programms „Qualität von Gesundheitssystemen“. Seit 2017 ist Gröne im Vorstand von OptiMedis verantwortlich für die Bereiche Forschung & Innovation sowie Organisation. 

Fachtagung „Das Ergebnis zählt“: Am 21. November gehts weiter

Beim Thema „Ergebnisorientierung im Gesundheitswesen“ gibt es in Deutschland Nachholbedarf – darin waren sich die Teilnehmer:innen der gemeinsam von der B. Braun-Stiftung und OptiMedis organisierten, hochkarätig besetzten Tagung im Januar 2023 in Berlin einig. Aufgrund der Wichtigkeit des Themas für die Zukunft des Gesundheitswesens und des großen Interesses wird die Veranstaltung nun als Reihe fortgesetzt. Interessierte können sich schon jetzt für weitere Infos eintragen.

2021 haben die B. Braun-Stiftung und OptiMedis gemeinsam die Veranstaltung „Das Ergebnis zählt!“ ins Leben gerufen. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie das deutsche Gesundheitssystem von einer Volume-Orientierung zu einer Value-Orientierung weiterentwickelt werden kann. Gemeinsam mit renommierten Expert:innen wurde dabei der „Berliner Aufruf“ entwickelt.

Interaktives Format: Am 21. November geht die Veranstal-tung „Das Ergebnis zählt“ in die dritte Runde. Foto: Regina Sablotny

Bei der zweiten Veranstaltung ging es dann um konkrete Ansätze, mit denen Ergebnisorientierung bereits umgesetzt wird, sowohl national als auch international, und welche Wirtschaftlichkeitsanreize denkbar sind. Dr. Thilo Brinkmann, Geschäftsführer der B. Braun-Stiftung, betonte: „Uns geht es darum, gesundheitliche Versorgungsleistungen sehr viel stärker am individuellen Nutzen und den Bedürfnissen von Patient:innen auszurichten.“ Dafür müsse man die Ergebnisse medizinischer Leistungen aber zwingend messen – vor allem aus der Patientenperspektive.

Spannende Ansätze aus dem Ausland

Interaktives Format: Am 21. November geht die Veranstal-tung „Das Ergebnis zählt“ in die dritte Runde. Foto: Regina Sablotny[/caption]Prof. Dr. Oliver Gröne, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von OptiMedis, richtete den Blick über den nationalen Tellerrand. Im Ausland, so Gröne, gebe es bereits interessante Ansätze für eine stärkere Ergebnisorientierung, etwa das NHS Outcomes Framework, das neben sehr klaren Qualitätsindikatoren auch Ziele für die Ergebnisqualität vorgebe, sowie Pilotprojekte zu alternativen, populationsbasierten Vergütungsmodellen in den Niederlanden. Zudem fordert er: „PROMS und PREMS müssen endlich flächendeckend und systematisch in den Versorgungsprozess einbezogen und transparent dargestellt werden, um die Versorgungsqualität zu optimieren und individualisieren.“ Als Fazit stellte Gröne fest: „Wir brauchen sowohl eine Debatte über die Ergebnisse, die wir anstreben, als auch über alternative Vergütungsmodelle.“

Den vollständigen Veranstaltungsbericht finden Sie hier zum Download.

Save the Date: Fortsetzung am 21. November 2023

Sie möchten weitere Informationen, die Einladung sowie das Programm für den 21.11.2023 erhalten? Tragen Sie sich gerne für unseren Verteiler ein: www.optimedis.de/ergebnisorientierung

COMPAR-EU abgeschlossen: Spin-off setzt sich weiter für mehr Selbstmanagement ein

Nach vier Jahren haben wir das EU-Projekt COMPAR-EU im Dezember 2022 gemeinsam mit unseren internationalen Partnern erfolgreich abgeschlossen. Daraus hervorgegangen ist das Forschungs- und Innovationszentrum „Self-Management Europe (SME)“ sowie eine zugehörige Online-Plattform, die kontinuierlich weiterentwickelt werden soll.

COMPAR-EU wurde 2018 ins Leben gerufen, um die effektivsten „Self-Management Interventions“ (SMI) für Erwachsene in Europa zu ermitteln, zu vergleichen und zu bewerten. Dabei wurden Patient:innen in den  Fokus gerückt, die an Typ-2-Diabetes, Adipositas, COPD oder Herzinsuffizienz leiden.

Nachhaltiger Umgang mit den Ergebnissen

Unter dem Namen „Self-Management Europe“ wollen die Partner Forschungserkenntnisse aus den Bereichen Selbst-management und Selbstbestimmung von chronisch kranken Patienten in die Praxis bringen. Aufbauend auf dem Vergleich verschiedener Selbstmanagement-Interventionen wurden Entscheidungshilfen für Ärzt:innen, Patient:innen, Leitlinienentwickler:innen und politische Entscheidungsträger:innen entwickelt. Dafür wurden alle Zielgruppen kontinuierlich mit einbezogen, wie zuletzt bei einem Advocacy Event in Brüssel. Hier wurde konkret mit Patient:innen und politischen Entscheidungsträger:innen unter anderem darüber diskutiert, wie es nach dem Projekt weitergehen kann.

Die Entscheidungshilfen sowie weitere hilfreiche Tools, Empfehlungen und Studien rund um das Thema Selbstmanagement stehen auch über das Projekt hinaus auf der COMPAR-EU-Plattform in sechs verschiedenen Sprachen zur Verfügung. Über das gegründete europäische SME-Zentrum sollen die Informationen auch in Zukunft aktualisiert, erweitert und in die Praxis gebracht werden. Weitere Informationen und Videos zum Projekt finden Sie unter: www.self-management.eu

Unsere Rolle im Projekt

An dem Projekt waren sieben Partner aus fünf Ländern beteiligt, unter ihnen OptiMedis. Wir sind für die Webseite www.self-management.eu verantwortlich, auf der in Zukunft auch umfassende Informationen zum Thema Selbstmanagement zugänglich sein werden. Außerdem haben wir einen Data Management-Plan entwickelt, der den Ansatz für die Sammlung und Aufbereitung großer Datenmengen über die gesamte Projektdauer beschreibt. Darüber hinaus waren wir für den Communication and Dissemination-Plan mit Strategien für die Kommunikation und Verbreitung von Projektergebnissen sowie für Businesspläne zur praktischen Umsetzung der identifizierten Interventionen verantwortlich.

ASCERTAIN: NEUES „HORIZON EUROPE“-FORSCHUNGSPROJEKT BRINGT INNOVATIVE GESUNDHEITSTECHNOLOGIEN IN DIE VERSORGUNG 

OptiMedis ist einer von zehn Partnern in dem von „Horizon Europe“ geförderten Projekt ASCERTAIN (Affordability and Sustainability improvements through new pricing, Cost Effectiveness and ReimbursemenT models to Appraise INnovative health technologies). Das Projekt soll innovative Gesundheitstechnologien einschließlich Arzneimitteln in Europa besser und schneller zugänglich machen. Der Startschuss für das EU-Projekt fiel im Dezember 2022 – es richtet sich an Patient:innen, Ärzt:innen, Kostenträger:innen, politische Entscheidungsträger:innen und Hersteller:innen. Über vier Jahre entwickeln die Projektpartner neue Vergütungsmodelle für innovative Therapie- und Versorgungsformen.

Neben den teuren Krebstherapien, bei denen Erfolgsparameter in die Vergütungsmodelle integriert werden, soll auch die Vergütung digitaler Lösungen bewertet werden. OptiMedis leitet das umfangreiche Arbeitspaket „Dissemination and Exploitation“, in dessen Rahmen wir im April bereits die neue Projektwebsite www.access2meds.eu gelauncht haben. Zusätzlich ist unser Projektteam dafür verantwortlich, Ansätze zur Einschränkung der Klimaauswirkungen der Versorgung in die Vergütungsmodelle einzubeziehen.

SAFEST-Projekt: Wie hängen Patientensicherheit und der Klimawandel zusammen?

Der Klimawandel hat verschiedene Ursachen. Während allgemein bekannt ist, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe und die Abholzung von Wäldern zum Klimawandel beitragen, wurde dem Kohlenstoff-Fußabdruck der Gesundheitsbranche bisher weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei wirken sich insbesondere die perioperative Versorgung und Patientensicherheit nachweislich negativ auf die Umwelt aus.

Vor, während und nach einer Operation sind Patient:innen besonders anfällig für Infektionen und Medikationsfehler. Foto: istock.com/Tempura

Denn vor, während und nach einer Operation sind Patient:innen besonders anfällig für Infektionen und Medikationsfehler. Hier setzt das EU-Projekt “Improving quality and patient Safety in surgical care through Standardisation and harmonisation of perioperative care in Europe” (SAFEST) an, zu dessen Konsortium OptiMedis zählt. Es geht dabei um die Entwicklung von patientenzentrierten und evidenzbasierten standardisierten Verfahren zur Patientensicherheit in der perioperativen Versorgung. Ziel ist es, sowohl die Ergebnisse für die Patient:innen zu verbessern, als auch die Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren. Indem beispielsweise die Häufigkeit von Patientensicherheits-Ereignissen wie Infektionen an der Operationsstelle, Medikationsfehler und andere Komplikationen verringert wird, sinkt gleichzeitig der Bedarf an zusätzlichem medizinischem Material und Equipment. Und durch verbesserte Behandlungsergebnisse und eine Verkürzung der Verweildauer der Patient:innen lässt sich der Energie- und Wasserverbrauch der Gesundheitseinrichtungen senken.

Klimawandel strategisch bekämpfen: Abschwächen und anpassen

Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) hat zwei einander ergänzende Strategien zur Bekämpfung des Klimawandels vorgeschlagen: Abschwächung und Anpassung. „Abschwächung“ bezieht sich auf Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, z. B. die Substitution fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energiequellen, während „Anpassung“ sich auf Maßnahmen bezieht, die die Empfindlichkeit natürlicher und menschlicher Systeme gegenüber Auswirkungen des Klimawandels verringern. Beides ist mit Blick auf die Gesundheitsbranche erforderlich, um ihre Auswirkungen auf den Klimawandel zu reduzieren.

Übertragen auf die Chirurgie heißt das: Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels auf Ebene der Einrichtung können zum Beispiel ein verringerter Einsatz von Anästhetika sein, die wesentlich zur Erwärmung des Klimas beitragen (z. B. halogenierte Stoffe oder Stickoxide), die Verwendung von intravenösen Anästhesietechniken sowie die Anästhesie mit geschlossenen Kreisläufen (Aufrechterhaltung eines konstanten Narkosezustands durch Zugabe von Gasen in den Atemkreislauf in demselben Tempo, in dem der Körper des Patienten sie umverteilt oder ausscheidet) [1]. In Verbindung mit den Erkenntnissen zur Patientensicherheit werden diese Maßnahmen in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Versorgung spielen.

Schwerpunkte im Projekt „SAFEST“

Im Rahmen des SAFEST-Projekts arbeitet OptiMedis mit den Konsortialpartnern und weiteren Institutionen in diesen Bereichen:

1) Standards und Messung: OptiMedis entwickelt das methodische Konzept für eine Selbsteinschätzungsstudie der Krankenhäuser hinsichtlich der Berücksichtigung der Co2-äquivalenten Emissionen in der perioperativen Versorgung. Dies wird durch die Einbeziehung einer Reihe von Standards geschehen, die vom Internationalen Netzwerk gesundheitsfördernder Krankenhäuser und Gesundheitsdienste in einem internationalen Konsensverfahren entwickelt wurden. Die Standards befassen sich mit relevanten Themen wie dem Volumen und der Toxizität von Abfällen, dem Einsatz fossiler oder erneuerbarer Energien, der Abfallbewirtschaftung und -einsparung, Transport- und Dienstleistungsstrategien zur Verringerung des Klima-Fußabdrucks, Maßnahmen zur Förderung gesünderer Ernährung, die lokal und nachhaltig sein soll, und der umweltfreundlichen Gestaltung von Räumen.

2) Aufbau von Kapazitäten: In Zusammenarbeit mit dem SAFEST-Konsortialpartner European Hospital and Healthcare Federation (HOPE) werden wir auf der „HOPE Agora 2023“ einen Workshop veranstalten, bei dem es um die Auswirkungen des Gesundheits- und Pflegesystems auf die Umwelt geht. Die teilnehmenden Verwaltungs- und Klinikangestellten werden sich in einem innovativen Format in verschiedene Akteure hineinversetzen, um gemeinsam Bereiche zur Verbesserung der chirurgischen Patientensicherheit bei gleichzeitiger Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu ermitteln.

3) Verbreitung: Wir werden Ergebnisse des Projekts in die Öffentlichkeit bringen, um das Bewusstsein für die Auswirkungen der perioperativen Pflege auf den Klimawandel bei den wichtigsten Interessenvertretern zu erhöhen. Darüber hinaus wollen wir die aus diesem Projekt hervorgehenden Empfehlungen in unserem Netzwerk teilnehmender Krankenhäuser und darüber hinaus verbreiten.

Weitere Infos rund um das Projekt finden sie unter: www.safestsurgery.eu

[1] Roa L, Velin L, Tudravu J, McClain CD, Bernstein A, Meara JG. Klimawandel: Herausforderungen und Chancen für die weltweite Verbesserung der chirurgischen, geburtshilflichen und anästhesiologischen Versorgung. The Lancet Planetary Health. 2020;4(11):e538-e543. doi:10.1016/S2542-5196(20)30247-3

 

REGIONALE VERSORGUNG

 

Gesundes Kinzigtal unterstützt Studie zu Long-Covid

Gesundes Kinzigtal ist Partner einer landesweiten Studie, die darauf abzielt, Covid-Langzeitfolgen zu verhindern und die Genesung von Patient:innen zu fördern. Auch die lokalen Hausarztpraxen sind eingebunden – denn ein wichtiges Ziel ist es, Ärzt:innen mehr Unterstützung für die Behandlung der betroffenen Patient:innen an die Hand zu geben. Gefördert wird die Studie vom Landesministerium für Wissenschaft und Forschung Baden-Württemberg.

Geleitet wird das Studienprogramm „MiLoCoDaS“ (Mild to moderate Long Covid Digital Intervention Study) vom Zentrum für Präventivmedizin und Digitale Gesundheit der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg. Es richtet sich an Menschen, die unter milden bis moderaten Langzeitfolgen von Covid-19 leiden und weder in Reha sind noch waren. Dr. Christoph Löschmann, Geschäftsführer von Gesundes Kinzigtal, hofft, dass mit dieser Studie eine Lücke in der Versorgung geschlossen oder zumindest kleiner wird: „Long-Covid ist für die Betroffenen eine echte Herausforderung, gerade weil es eine neue Erkrankung ist, die mit vielen Fragezeichen behaftet ist“.

Digital und leicht zugänglich

Für die Teilnahme an der rein digital aufgebauten Studie werden lediglich ein Smartphone oder Tablet sowie ein Internetzugang benötigt. „Zum einen soll herausgefunden werden, welche Unterstützungsangebote bei der Genesung von Long-Covid am besten helfen oder geholfen haben. Zum anderen geht es um Maßnahmen, mit denen sich Long-Covid verhindern lässt“, berichtet Melina Lehmann, Gesundheitslotsin der Gesundes Kinzigtal GmbH. „Bislang gebe es kaum Ansätze, sodass Hausärztinnen oder -ärzte wenig Spielraum für Angebote haben“, ergänzt sie.

Betroffene sowie Hausärzt:innen finden weitere Informationen unter: www.wieder-fit-nach-covid.de

Gesunder Werra-Meißner-Kreis: Ernährungs-Kampagne für Grundschulen konzipiert

Foto: Gesunder Werra-Meißner-Kreis

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Gewichtsprobleme bei Kindern immer häufiger werden. Diesen ungesunden Trend hat die Corona-Pandemie noch weiter verstärkt. Gemeinsam mit der BKK Werra-Meissner hat das Team des Gesunden Werra-Meißner-Kreises deshalb die „Superkräfte 2go“-Kampagne für Grundschüler:innen entwickelt. Im Fokus steht dabei, Kinder (und deren Eltern) für gesunde Pausensnacks zu begeistern und über wichtige Bausteine ihrer Ernährung zu informieren. In drei Grundschulen läuft die spielerisch aufgebaute Kampagne – unter anderem mit Aktionstagen, illustrierten Karten für die Brotbox, Infoheft sowie Online-Tipps und -Rezepten für die Brotdose.

Nachruf: Abschied von Jürgen Pelikan

Der Soziologe und Gesundheitswissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Pelikan ist am 11. Februar 2023 nach längerer Krankheit im Alter von 84 Jahren verstorben. Wir trauern um einen hervorragenden Wissenschaftler, der sich unter anderem viele Jahre für das International Network of Health Promoting Hospitals and Health Services (HPH) eingesetzt hat. Als emeritierter Professor am Institut für Soziologie der Universität Wien in Österreich und Leiter des WHO Collaborating Centre „Gesundheitsförderung im Krankenhaus und in der Gesundheitsversorgung“ am Österreichischen Institut für Public Health leitete er internationale Projekte für das HPH, setzte sich für die Themen Qualität, Nachhaltigkeit, Salutogenese und Gesundheitskompetenz ein und verfasste zahlreiche Publikationen dazu.

Jürgen Pelikan war wahrscheinlich die wichtigste treibende Kraft für die Konzeptentwicklung, Einrichtung und Umsetzung von gesundheitsfördernden Krankenhäusern und Gesundheitsdiensten sowie bei der Entwicklung der „Health Literacy“. Jürgen Pelikan begleitete in 2003 die Gründung von OptiMedis inhaltlich und gab uns immer wieder Mut und Unterstützung für die nötige Durchhaltekraft, die es für Veränderungsprozesse im Gesundheitswesen braucht. Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet. Sein strategisches Denken und sein analytischer Blick werden uns sehr fehlen.

Der ÖGD muss digital werden: Neue Kommunikationsformen im Fokus

Durch die fortschreitende Digitalisierung in allen privaten und wirtschaftlichen Bereichen der Gesellschaft steigen die Anforderungen an das öffentliche Gesundheitswesen und auch hier vollzieht sich die Digitale Transformation. In den kommenden Jahren wird diese weiter an Bedeutung gewinnen. Schon jetzt werden Bund, Länder und Kommunen durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet, ihre Dienstleistungen online über Verwaltungsportale anzubieten.

Die Herausforderung bei der Umsetzung der digitalen Transformation im öffentlichen Gesundheitswesen ist die lange Kommunikationskette über die gesamte föderale Struktur hinweg. Lokalverantwortliche Verwaltungseinheiten bieten dabei oft vergleichbare Verwaltungsleistungen an, bei denen die Erfahrung in einer Institution auch einer anderen dienen kann. Die beteiligten Fachexperten kennen die etablierten Vorgänge zwar sehr gut, sind jedoch im Kontext der digitalen Transformation oft nicht erfahren und deshalb mit den relevanten Erfolgsfaktoren nicht ausreichend vertraut. So kann es zu methodischen Defiziten beim Messen und Priorisieren notwendiger (technischer) Umsetzungsschritte in einer Digitalisierungsstrategie kommen.

Die Covid-19-Pandemie hat eine hohe Last für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) und die etablierten Prozesse mit sich gebracht. Es ist offensichtlich geworden, dass diese Last perspektivisch nur bewältigt werden kann, wenn ein hohes Maß an Digitalisierung und damit Automatisierung erreicht wird.

Neue Anforderungen an die gesundheitsbezogene Berichterstattung

Das bringt auch neue Anforderungen an die gesundheitsbezogene Berichterstattung mit sich. Wichtige Elemente sind die Bereitstellung übergreifender und gemeinsamer Kommunikationsplattformen sowie die Entwicklung und Implementierung von einheitlichen Standards für die Gesundheitsberichterstattung, die über die gesundheitliche Lage und Versorgung der Bevölkerung informieren und darüber hinaus zukünftig sogar eine datengestützte Gesundheitsversorgungsplanung ermöglichen soll. Dabei sollen Gesundheitsrisiken einschließlich der Auswirkungen von Umwelteinflüssen, der Gesundheitszustand und das Gesundheitsverhalten der Bevölkerung erkannt werden und der Versorgungsbedarf auf Basis von Daten und Analysen systematisch planbar werden.

Unter dem Leitbild „Digitales Gesundheitsamt 2025“ stehen 800 Millionen Euro zur Verfügung, damit der ÖGD zukünftig von digitalen Anwendungen profitiert und somit auch der Informationsaustausch zwischen den Gesundheitsämtern erleichtert werden kann. Ziel der Digitalisierung ist es, eine Interoperabilität über alle Ebenen hinweg sicherzustellen.

OptiMedis begleitet Aufbau von ÖGD-Bürgerportal in Bayern

Eine Vielzahl von einzelnen Kommunen hat sich bereits auf den Weg gemacht, für die Bestimmung der digitalen Reife eine Analyse mittels des Reifegradmodells vorzunehmen und entsprechende Umsetzungsprojekte zu initiieren. Auf Ebene der Länder werden unterschiedliche Strategien entwickelt, den Reifegrad des ÖGD zu erhöhen, beispielsweise durch die Steuerung der Konzeptionsphase und die Erstellung von Fachkonzeptionen im Projekt „Digitalisierung ÖGD Baden-Württemberg“. Ein anderes Beispiel ist die, den ÖGD stärkende Digitalisierungsstrategie für den Freistaat Sachsen, seine 13 kommunalen Gesundheitsämter sowie die Behörden auf Landesebene.

OptiMedis begleitet seit Februar 2023 das Projekt des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) zur Einrichtung eines landesweit nutzbaren, digitalen ÖGD-Bürgerportals für die Kommunikation zwischen den bayerischen Gesundheitsämtern, den Menschen der Region sowie Einrichtungen und Unternehmen. Das ÖGD-Bürgerportal soll sowohl eine digitale Kommunikation von Gesundheitsämtern zu Bürger:innen, Einrichtungen und Unternehmen als auch Rückantworten durch diese an Gesundheitsämter ermöglichen. Zudem soll ein Datenaustausch bayerischer Gesundheitsämter untereinander ermöglicht werden.

GESUNDHEITSSYSTEM

Micro Hospitals in den USA als Folge der Zentralisierung auf Großkrankenhäuser: Wird das auch in Deutschland die Folge sein?

Schließen sich Kliniken zu größeren Zentren zusammen, können Versorgungslücken entstehen. In den USA sind seit einiger Zeit sogenannte Micro Hospitals – auch „Acute Care Hospitals“ genannt – auf dem Vormarsch.[1][2] Wird die geplante Krankenhausreform in Deutschland ähnliche Lösungen auf den Plan rufen? Und sind die avisierten Level-1i-Krankenhäuser oder die Intersektoralen Gesundheitszentren (IGZ) mit der „Erweiterten Ambulanten Versorgung“ (EAV) schon die ersten Vorläufer?

Micro Hospitals in den USA sind kleinere (stationäre) Einheiten von etwa 1.800 bis 4.600 Quadratmetern, die in der Regel acht bis zehn Betten betreiben, um Patient:innen für eine kurze Zeit zu beobachten und medizinisch zu betreuen. Ergänzend bieten sie in der Regel eine 24/7-Notfallversorgung an mit Notfallbetten, chirurgischer Erstversorgung, wichtigster Diagnostik, Labor und Pflege.

Die Angebote unterscheiden sich dabei je nach den lokalen Bedarfen und Gegebenheiten. So gibt es in Micro Hospitals teilweise auch andere ambulante und kurzstationäre Leistungsangebote wie Bildgebung, Endoskopie oder kleinere Eingriffe zum Beispiel in den Bereichen HNO und Gynäkologie, die es Patienten ermöglichen, nah an ihrem Zuhause versorgt zu werden. Micro Hospitals bilden also eine Art Zwischenlösung zwischen Notaufnahme und regulärer stationärer Krankenhausversorgung.

Kostengünstiger und patientenzentrierter als Standard-Krankenhäuser

In Texas etwa betreibt die Organisation Emerus bereits über 20 Micro Hospitals und zwar dort, wo reguläre Kliniken den Versorgungsbedarf nicht abdecken und Patienten ansonsten Wartezeiten befürchten müssten.[3] Zwischen 25 und 80 Patient:innen werden dort täglich in der Notaufnahme behandelt. Wer stationär aufgenommen wird, bleibt im Durchschnitt zwei Nächte. Der Vorteil: Verglichen mit Standard-Krankenhäusern können diese Einheiten kostengünstiger betrieben werden und gleichzeitig eine patientenzentriertere Versorgung anbieten.

Es gibt aber auch Kritik an den Micro Hospitals, hier einige Punkte im Überblick:

1) Qualität und Patientensicherheit: Kritiker fragen, ob die Versorgung sicher genug ist, wenn sie in kleineren Strukturen statt in größeren Zenten mit mehr erfahrenen Operateuren erbracht wird.

2) Fehlende Daten: Daten bzgl. Sicherheit und Kosteneffizienz sind noch rar.

3) Überkapazität: Einige Kritiker argumentieren, dass Micro Hospitals in einigen Gebieten überflüssig sein könnten, da es bereits zu viele Krankenhausbetten gibt.

4) Überforderung von Personal: Das Personal in Micro Hospitals könnte aufgrund des höheren Patientendurchflusses überlastet sein, die Patientenaufklärung könnte vernachlässigt werden, Patienten könnten „blutig“ entlassen werden etc.[4].

Konzept für Deutschland: Intersektorale Gesundheitszentren mit 24/7-Versorgung

Auch in Deutschland stehen kleinere Krankenhäuser vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen und finden aktuell kaum Personal, um die Versorgung zu sichern. Und es gibt auch bereits ein Konzept, dass dem der Micro Hospitals in Bezug auf Patienten-Zielgruppe und Strukturerfordernisse in Teilen entspricht: Intersektorale Gesundheitszentren (IGZ) mit der Erweiterten ambulanten Versorgung (EAV), vergl. das Gutachten unserer Kollegin Dr. Dr. Heidrun Sturm für die KBV [5]Dabei wird das ambulante, vernetzte Gesundheitszentrum mit Fokus auf hausärztlicher Versorgung durch die EAV ergänzt. Sie soll eine medizinische Betreuung Rund-um-die Uhr gewährleisten – in den Randzeiten durch ärztliche Rufbereitschaft und erfahrene Pflegekräfte vor Ort. Zusätzlich zur ärztlich-pflegerischen Versorgung können weitere unterstützende Angebote hinzukommen, zum Beispiel in den Bereichen Heilmittel-Therapie, Soziale Arbeit etc. Außerdem soll die Versorgung der Patienten durch Kooperationen mit regionalen Versorgern ganzheitlich und zeitnah sichergestellt werden. Die interprofessionelle und intersektorale Zusammenarbeit wird dabei als zentraler Mehrwert gesehen, um Qualität und Effizienz der Versorgung zu verbessern.

Fördermittel über Krankenhausstrukturfonds

Gerade in Regionen, in denen kleine Krankenhäuser durch die wirtschaftliche Lage kurz vor der Insolvenz stehen und somit die gesamte stationäre Versorgung wegbricht, macht eine Umwandlung in „ambulante Kliniken“ bzw. „Überwachungskliniken“ wie die Micro Hospitals Sinn. So wurden diese Strukturen von der Stiftung Münch im letzten Jahr bezeichnet.[6] In einem kürzlich erschienenen Gutachten der Bertelsmann Stiftung werden die Konzepte unter dem Begriff „Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung“ (kGÜv) subsumiert und dargestellt.[7] Für solche Umwandlungen stehen in Deutschland bis 2024 Fördermittel über Krankenhausstrukturfonds zur Verfügung, die einen Anreiz für die Umgestaltung geben.

Diese Konzepte wurden nun von der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ bei der neuen Eingruppierung von Kliniken in Level genutzt: Die Stufe Ii (integrierte ambulant stationäre Krankenhäuser) greift die wesentlichen Elemente dieser Konzepte auf und positioniert sie damit im stationären Bereich. Zur Vergütung sollen sachgerecht kalkulierte, degressive Tagespauschalen (Tagessätze) für die Akutpflege konzipiert werden. Die ärztliche Leistung würde über EBM (mit KV-Zulassung) und für am Haus angestellte Ärzte mit einer Tagespauschale, erhöht durch einen ärztlichen Anteil, abgerechnet. Somit fielen in diesem Level die Vorhaltekosten und das Pflegebudget weg.[8]

Jetzt aktiv werden

Klinikträger sind aus wirtschaftlichen Gründen schon jetzt zum Handeln gezwungen. Daher ist es wichtig, die gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen in Deutschland zeitnah zu regeln, um eine schnelle Umsetzung solcher Konzepte zu ermöglichen.

Sie möchten mehr über das Thema wissen oder brauchen Unterstützung? Kontaktieren Sie uns gerne per E-Mail (Thomas Kladt, t.kladt@optimedis.de). Mehr über unsere Expertise im Krankenhausbereich lesen Sie hier!

LITERATUR
  1. [1] Micro-Hospitals Offer an Alternative Health Care Model for Local Communities (usnews.com) April 24, 2017
  2. [2] https://healthadministrationdegree.usc.edu/blog/micro-hospitals/ zugegriffen am 05.01.2023
  3. [3] Micro-Hospitals Provide Health Care Closer to Home – Emerus zugegriffen am 05.01.2023
  4. [4] https://info.healthspacesevent.com/blog/the-challenges-and-opportunities-of-building-microhospitals zugegriffen am 01.02.2023
  5. [5] Schmid A., Sturm H. et. al. (2021) IGZ konkret: Erweitere Ambulante Versorgung (EAV)- Umsetzung und Implikation. URL: https://www.kbv.de/media/sp/IGZ_konkret_Gutachten_2021.pdf zugegriffen am 05.01.2023
  6. [6] Stiftung Münch (2022) Krankenhäuser umwandeln statt schließen: Voraussetzungen für neue Gestaltungsoptionen schaffen. URL: Umwandeln statt Schließen: Wie Krankenhäuser an den Bedarf der Versorgung vor Ort angepasst werden können – Stiftung Münch (stiftung-muench.org)  am 05.01.2023
  7. [7] Gruhl, M. Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland. Bertelsmann Stiftung, Jan 2023. DOI 10.11586/2023006
  8. [8] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Krankenhausreform/3te_Stellungnahme_Regierungskommission_Grundlegende_Reform_KH-Verguetung_6_Dez_2022_mit_Tab-anhang.pdf Zugegriffen am 01.02.2023

 

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